Ein Sachverständiger ist eine natürliche Person, die auf einem abgrenzbaren Spezialgebiet über überdurchschnittliches Fachwissen und besondere Praxiserfahrung verfügt und persönlich integer ist. Er muss die Gewähr dafür bieten, dass er seine jeweilige Aufgabe unparteiisch, unabhängig, weisungsfrei, gewissenhaft und persönlich erledigt.
Sachverständiger kann sich in Deutschland Jedermann bezeichnen; es gibt kein bundesweit geltendes Berufsgesetz für Sachverständige.
Die Berufsbezeichnung „Sachverständiger“ ist kein geschützter Begriff.
Am Gutachtenmarkt findet der Nachfrager folgende Sachverständigengruppen:
- Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige
- Zertifizierte Sachverständige
- Verbandsanerkannte Sachverständige
- Selbst ernannte Sachverständige
Die öffentlich bestellten Sachverständigen werden von den jeweils zuständigen Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern, Architekten- und Ingenieurkammern im Rahmen von § 36 Gewerbeordnung öffentlich bestellt und vereidigt. Sie müssen zuvor besondere Sachkunde und persönliche Integrität nachweisen. In Gerichtsverfahren sind sie bevorzugt heranzuziehen (§ 4044 Abs. 2 Zivilprozessordnung und § 73 Abs. 2 Strafprozessordnung).
Die zertifizierten Sachverständigen werden von europäischen oder privatrechtlichen Zertifizierungsgesellschaften im Rahmen von Europäischen Normen nach eigenen Zertifizierungsvoraussetzungen geprüft und zertifiziert. Für den Inhalt der Zertifizierungsvoraussetzung gibt es keine deutschen gesetzlichen Vorgaben. Die Zertifizierung ist kein hoheitlicher Akt; auch sie kann von unterschiedlichen Institutionen genutzt werden.
Verbandssachverständige werden ähnlich wie zertifizierte Sachverständige von Verbänden nach eigenen Qualitätsmerkmalen geprüft und privatrechtlich anerkannt. Auch hier gibt es keine gesetzlichen Vorgaben.
Sachverständige ohne den Hintergrund von Kammern, Verbänden oder Zertifizierern ernennen sich selbst zu Sachverständigen und bieten ebenso wie alle anderen Sachverständigengruppen ihre Dienste am Gutachtenmarkt an. Ihre Qualität wird nicht von Dritten geprüft. Man nennt sie deshalb teilweise auch „freie Sachverständige“.
Die Dienstleistungen der Sachverständigen sind nicht auf die Erstattung von Gutachten für Gerichte und private Auftraggeber beschränkt. Ihre Tätigkeiten umfassen beispielsweise auch:
- Schiedsgutachten
- Beratertätigkeit
- Prüf- und Kontrolltätigkeiten
- Baubegleitende Qualitätskontrollen
- Mediation
Nach dem zuvor beschriebenen entscheidet über die Beauftragung von Sachverständigen ausschließlich deren besondere Sachkunde zu einem Sachverhalt und die persönliche Eignung - nicht deren Stellung.
- VFT Sachverständige haben unterschiedliche Schwerpunkte im Sachverständigenwesen
- VFT Sachverständige haben meist eine duale Ausbildung, sodass Theorie und Praxiswissen sachkundig in das Gutachten einfließen
- VFT Sachverständige bilden sich kontinuierlich weiter.
Die Sachverständigen sollten unabhängig ihrer Stellung neutral, weisungsfrei und unabhängig agieren - nur so kann den Parteien auch im Privatgutachten geholfen werden.
Die an Sachverständige gerichtete Aufgabe ist entsprechend der Aufgabenstellung zu erfüllen.
So ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an Sachverständigenleistungen für:
- private Auftraggeber
- gewerbliche Auftraggeber
- Versicherungen
- Gerichte
Unterschied gibt es nur bei den einzelnen Beweisfragen.
Sofern unterschiedliche Auffassungen von Parteien vorwiegend durch technische Uneinigkeiten getragen werden, können Sachverständige durch nachvollziehbare Argumentationen und integres Auftreten etwa in Ortsterminen und Besprechungen oder durch Schiedsgutachten oder Mediationsverfahren helfen, die juristische Auseinandersetzung innerhalb von selbstständigen Beweisverfahren oder einem Rechtsstreit zu vermeiden.
Ein entsprechender Verbindlichkeitsgrad eines Gutachtens für beide Parteien setzt zwischen den Parteien zum Beispiel innerhalb eines schiedsgutachterlichen Verfahrens einen Grundvertrag zwischen den Parteien voraus. Dabei sind konkret die Aufgabenstellungen zu definieren und die Konsequenzen zu benennen, die sich zur weiteren Vorgehensweise ergeben und nicht zuletzt auch bezogen auf die Verteilung der Kosten des Sachverständigen.
Parteien, die gegen einen Vertragspartner streiten, wie z.B. mit Bauherrn, Generalunternehmen, Architekten, Planer, Versicherungen, Behörden oder Fachfirmen etc., können direkt einen Sachverständigen beauftragen, mit dem Hintergrund, dass ein außergerichtliches Gutachten schneller, sachlich und wesentlich kostengünstiger gegenüber einem Gerichtsverfahren aufgestellt werden kann.
Gleichstellung der ö.b.u.v. und der gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen
Das European Committee for Quality Assurance (GEIE) äußert sich wie folgt zur Gleichstellung von öffentlich bestellten und vereidigten (ö.b.u.v.) und zertifizierten Sachverständigen. Das GEIE ist eine Europäische Interessengemeinschaft mit Mitgliedern aus verschiedenen EU-Ländern und hat seinen Hauptsitz in Brüssel. Ziel der Vereinigung ist es, Unternehmen und Personen nach internationalen Standards zu zertifizieren, sowie Zertifizierungsstellen bei der Begutachtung von Qualifikationen zu unterstützen.
„Durch die gesetzliche Verankerung des zertifizierten Sachverständigen in diversen Deutschen Gesetzen, hat der deutsche Gesetzgeber die EU- Gesetzgebung in deutsches Recht umgesetzt. Mit der Umsetzungsrichtlinie (Gesetz zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie im Gewerberecht (BGBL. I 2009 S. 2091) und dem Streichen von Hinweisen auf die öffentliche Bestellung in einigen Gesetzen (z.B. BewG, InvG, PfandBG) hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung der Europäischen Union reagiert, die europaweite Qualifikation von Sachverständigen über eine Norm zu regeln. Damit hat sich die EU explizit gegen die Übernahme des Deutschen Modells „öffentliche Bestellung“ und für einen freien Markt entschieden. Über die europaweite Anerkennung der Norm EN ISO/IEC 17024 hat die EU das in Deutschland geltende Monopol der Kammern bei der Zulassung von Sachverständigen endgültig gebrochen. Damit ist einer Gleichstellung des nach ISO 17024 zertifizierten und des öffentlich bestellten Sachverständigen gegeben.
In Fachkreisen rechnet man damit, dass die Beauftragung von zertifizierten Sachverständigen (gem. DIN EN ISO/IEC 17024) in Zukunft weiter zunimmt. Die gesetzliche Gleichstellung von öffentlich bestellten und zertifizierten Sachverständigen einerseits und die hohen Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17024 andererseits, garantieren einen kompetenten und fachlich hoch qualifizierten Sachverständigen. Gerichte und Auftraggeber können mit gutem Gewissen einen zertifizierten Sachverständigen (DIN EN ISO/IEC 17024) beauftragen, denn hinter dieser Bezeichnung steht ein hohes Maß an Kompetenz und aktuellem Fachwissen, also der Sachkunde und der persönlichen Eignung.
Der zertifizierte Sachverständige muss gegenüber der nach DIN EN ISO/IEC 17024 arbeitenden Zertifizierungsstelle seine fachliche und persönliche Kompetenz regelmäßig nachweisen.
Dies geschieht über Ausbildungsnachweise, Zeugnisse oder Arbeitsproben, die der Antragsteller der Zertifizierungsstelle vorlegen muss. Bei positiver Bewertung wird die Zulassung verlängert.
Ob im Falle eines späteren Rechtsstreits das Gutachten (und damit die Kosten) vom Gericht anerkannt wird, liegt im alleinigen Ermessen des Gerichtes.